Hysterische Abwehr islamischer Bauten

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Thursday, 6 September, 2007
Hysterische Abwehr islamischer Bauten

Omar Al-Rawi über Stimmungsmache und historischen Kontext
Hysterische Abwehr islamischer Bauten
Ein Islam, der sich nicht verstecken muss, wird auch bereit sein, sich kritischen Fragen zu stellen.

Der Erste, der eine Moschee in Österreich errichten ließ, war Kaiser Franz Joseph I. Nach einem Beschluss des Berliner Kongresses fielen die Provinzen Bosnien und Herzegowina an Österreich-Ungarn. Die Muslime wurden zur zweitstärksten Volksgruppe im Vielvölkerstaat. Viele von ihnen dienten in der kaiserlichen Armee. Der Kaiser ließ zwei Gebetsräume auf Wiener Kasernengeländen errichten und beauftragte einen Mufti mit ihrer religiösen Betreuung. Und er spendete 25.000 Goldkronen zum Bau einer Großmoschee.

Im Jahre 1912 verabschiedete der Kaiser das Islamgesetz zur Errichtung einer eigenen muslimischen Kultusgemeinde als Körperschaft öffentlichen Rechts. Die Grundlage dafür war das von Kaiser Joseph II. erlassene Toleranzedikt.

Den Protestanten wurde der Bau von Gotteshäusern erlaubt. Sie durften nur nicht wie Kirchen aussehen und die Glocken durften nicht läuten. Damals sicher ein großer Schritt. Heute, aber lächerlich und nicht mehr zeitgemäß.

Genau das erleben wir mit den Muslimen heute. Gebetshäuser für Muslime ja, aber sie sollen bitte nicht wie Moscheen aussehen und ohne Ruf des Muezzin. Die Zuwanderer-Generation träumte von der Rückkehr und lebte in einem Provisorium. Gebetshäuser wurden vorwiegend in Hinterhöfen, Kellerlokalen, aufgelassenen Fabriken und Wohnungen errichtet.

Die zweite Generation entwickelte jedoch einen anderen Traum. Österreich ist ihre einzige Heimat und sie wollen selbstbewusst in der österreichischen Gegenwart ankommen. Wer ein Haus baut, der will auch bleiben.

Sie sehnen sich nach einem würdigen Ort für ihre Gebete. Sie wollen heraus aus Fabriken und Hinterhöfen. Ein Islam, der sich nicht verstecken muss, wird auch bereit sein, sich kritischen Fragen zu stellen.

Jeder, der Interesse an der Integration des Islam hat, sollte dies begrüßen und unterstützen. Wer so etwas verhindern und populistisch ausschlachten will, sollte bedenken, dass in der Zwischenkriegszeit Formen der antisemitischen Hetze mit Angriffen auf orientalisch aussehende Synagogen begonnen haben. Oft wurden „morgenländische und neoislamische“ Elemente mit der deutschen Gotik und Romanik kombiniert. Viele Synagogen sahen aus wie eine Mischung aus Kirche und Moschee. Leider ist diese Architekturgeschichte durch abgebrannte Synagogen in Vergessenheit geraten. Daher begegnen wir neuen islamischen Bauten mit hysterischer Abwehr.

Aus diesem Licht die aktuelle Debatte um Moscheen und Minarette zu beleuchten, mag helfen, hitzige Stimmungsmache in einem historischen Kontext zu sehen. Wir müssen uns die Frage stellen, ob wir ernsthaft in ein josephinisches Toleranzverständnis zurückfallen wollen?

Omar Al-Rawi ist Integrationsbeauftragter der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich

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